Antiresorptive Therapie

Dieser Artikel ist Patienten gewidmet, welche bereits unter einer antiresorptiven Therapie stehen oder sich lediglich zum Thema allgemein informieren möchten. Die antiresorptive Therapie gilt Patienten mit Knochenstoffwechselstörungen, wie sie beispielsweise bei Osteoporose auftritt. Bereits heute leiden mehr als sechs Millionen Deutsche an den Folgen einer Osteoporose und fast 900.000 Menschen erkranken jährlich neu an dieser Knochenstoffwechselerkrankung. Auch wenn Knochen auf dem ersten Blick als eher inaktives Gewebe wahrgenommen wird, so ist er ebenso bioaktiv und unterliegt kontinuierlichen Umbauprozessen. Diese werden vor allem von der Aktivität zweier konkurrierender Zellen beeinflusst, den Osteoklasten und Osteoblasten.
Osteoblasten gelten als knochenaufbauende Zellen während Osteoklasten die Knochenmasse reduzieren. Diese Umbauprozesse sind nötig, um das Skelettsystem an Körperveränderungen anzupassen und dem Organismus eine ausreichende Stabilität zu ermöglichen. Osteoblasten und -klasten leben in einem Gleichgewicht miteinander, sodass ein ständiger Auf- und Abbau der Knochenmasse simultan stattfindet.  Kommt es innerhalb dieses Gleichgewichts zu Störungen, so wird im Fall einer übermäßig starken Osteoklastenaktivität mehr Knochen abgebaut als gleichzeitig aufgebaut. Dies bildet den Ansatzpunkt der antiresorptiven Therapie.

Antiresorptive Pharmaka wirken Osteoklasten hemmend und verhindern so eine erhöhte Knochenresorption, sodass sie analog bei einer Vielzahl von Erkrankungen auch abseits der Osteoporose zum Einsatz kommen. Auch angeborene Knochenerkrankungen wie Morbus Paget oder Osteogenesis imperfecta, primäre Knochentumore wie das Plasmazytom oder ossäre Metastasen solider Tumore bei beispielsweise Mamma- und Prostatakarzinomen (die beiden häufigsten geschlechterspezifischen Krebsarten) stellen eine enorme Anwendungsbreite dar und führen zu hoher Verordnungsprävalenz.

Einfluss antiresorptiver Pharmaka auf die Mundhöhle

Die hohe Wirksamkeit und der Behandlungserfolg hat jedoch auch seine Schattenseiten. Eine wichtige Form der antiresorptiven Medikamente stellt die Gruppe der sogenannten Bisphosphonate dar, ein Analogon des auch der Zahnpasta zugesetzten Pyrophosphats. Die Potenz ihrer Aktivität wird auf molekularer Ebene von unterschiedlich ausgeformten Seitenketten bestimmt, welche unter anderem das Element Stickstoff enthalten. Diese auch als Aminobisphosphonate (stickstoffhaltig) bezeichneten Präparate tragen verstärkt in der Mundhöhle zur Entwicklung von Kiefernekrosen bei. Das Problem: Die Behandlung der Erkrankung erfordert zwingend den Einsatz jener Substanzen und kann je nach bestehender Grunderkrankung, Applikationshäufigkeit und Darreichungsform zu Nekrosen des zahntragenden Knochens führen.
Bisphosphonate gelten als hoch selektive Osteoklastenhemmer, führen hierdurch zu einer positiven Knochenbilanz, hemmen jedoch auch die Gefäßneubildung. Als Folge dieser reduzierten Gefäßdichte werden Knochenareale minderdurchblutet, was zum Absterben der Zellen und damit des Knochens führt.

Neben Bisphosphonaten gelten auch andere Präparate wie der monoklonale Antikörper Denosumab als nekrosebegünstigende Substanzen, sodass die ursprüngliche Bezeichnung der Bisphosphonatassoziierten Kiefernekrosen nunmehr einer allgemeingültigeren, universelleren Bezeichnung der Medikamentassoziierten Kiefernekrosen (MRONJ) gewichen ist.

Lange Halbwertszeiten

Bisphosphonate werden nach Aufnahme sukzessive in die Knochenmatrix eingelagert und verbleiben dort teils mehrere Jahre, weshalb ein Absetzen - wie es unter gewissen Voraussetzungen im Rahmen einer antikoagulativen Therapie (Blutverdünner) möglich ist - keine Besserung bedingt.

Prophylaxe entscheidend

Um das Nekroserisiko zu senken und dennoch eine oralchirurgische Therapie zu ermöglichen, wird Patienten eine antibiotische Abschirmung, wenn eine Verletzung des Gewebes zu erwarten ist, empfohlen. Insofern eine bestehende Grunderkrankung vorliegt und eine Antibiose erfordert, so wird 24h (perioperativ) vor dem eigentlichen Eingriff die Gabe von 1000mg Amoxicillin (1-1-1) oder 600mg Clindamycin (1-1-1, bei vorliegender Penicillinunverträglichkeit) angeraten. Diese Abschirmung wird auch postoperativ nach dem Eingriff für weitere drei Tage oder bis zum Abklingen der Symptome fortgesetzt, um die Nekrosegefahr zu senken. Je nach Risikoprofil empfiehlt sich zudem eine viertel-, halbjährliche oder jährliche Kontrolluntersuchung. Eine Präparateinnahme wird nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt empfohlen und sollte nicht selbständig erfolgen.